Das Folgende basiert auf dem Buch von
Klaus Mohr, "Sowas passiert in Deutschland nicht". Jüdische Menschen in Marl. (Essen 2012, KlartextVerlag).
Ergänzt werden neue Erkenntnise seit 2012....
Pogrome, Beispiele aus Frankfurt, 1819 (Deutscher Bund), sogenannte HEP-Unruhen, und 1612 (Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation).
Vor 1900:
Die anscheinend erste Erwähnung von Juden in Maerl (d. i. Marl, gehörte damals zur Bürgermeisterei Dorsten) findet sich in einem Briefwechsel des Grafen von Westerholt, Kommissar des Landrates, mit dem Dorstener Bürgermeister Luck. Der Kommissar fragte an, warum einem Juden die Ansiedlung gestattet worden sei. In der Antwort des Bürgermeisters vom 13.2.1829 wurden dieser und seine Schwester namentlich erwähnt:
„Gumbert Meyer, Landwehrmann, II-tes Aufgebot, hat durch Attest des …Bürgermeisters zu Haltern nachgewiesen, dass er daselbst am 10.Juli 1796 geboren sei und dort sich bisher
tadellos betragen habe, weshalb ich leider (! KM) ihm, wie auch seiner am 4.Juny 1788 ebenfalls zu Haltern geborener Schwester den Aufenthalt zu Maerl in Gemäßheit der
Verfügungen Königl(ichen) Regierung (zuletzt) vom 16.1.1824 nicht versagen konnte…“.
In diesem Jahr gab es also zwei Juden in Marl; wo sie gewohnt und wie lange sie dort gelebt haben, ist nicht bekannt.
( Stadtarchiv Marl, OrdnerAAI-409, „Judenschaft 1831-1875“.)
1840 sind im Bevölkerungsverzeichnis der Bürgermeisterei Marl keine Juden (mit und ohne staatsbürgerliche Rechte, sic!) verzeichnet, jedoch schon 10 Evangelische in Marl, 1 in Polsum und 1 in Hamm, bei insgesamt 3269 Katholiken.
1847 erhielten die Juden im Königreich Preußen die volle Freizügigkeit.
In Recklinghausen gab es 45 und in Dorsten 48 Juden. Die Gemeindemitglieder in Recklinghausen bezeichneten sich zu dieser Zeit als so unbemittelt, dass sie keine Synagoge wollten, (die sie selbst hätten finanzieren müssen).
Zu dem erwähnten Recht der Freizügigkeit erhielten die Juden 1847 in Preußen ebenfalls das Recht der Gewerbefreiheit und Zugang zu bestimmten Ämtern; allerdings nicht zu richterlichen oder polizeilichen, also obrigkeitlichen Ämtern. Durch die Einführung der Zivilehe fielen zudem Heiratshindernisse weg: zuvor musste die Erlaubnis der Obrigkeit eingeholt werden.
In Marl gab es in diesem Jahr 1847 immer noch erst zwei Juden, im erwähnten Ordner „Judenschaft“ findet sich eine Nachricht an den Amtmann Bölling über Abraham Weyl in Marl, der in Geldern eine Henriette Gompertz geheiratet hatte.
Gumbert Meyer war anscheinend weg gezogen. Abraham Weyl war Kaufmann.
Noch 1852 schreibt Amtmann Bölling nach Recklinghausen, dass die beiden Kinder von Abraham Weyl, Johanna, geboren am 15.11.49 und Friderike, geboren am 7.1. 52, seiner Meinung nach keine jüdischen Vornamen trügen.
Was aus dieser Beschwerde wurde, ist unbekannt.
1853 wurde in Marl Abraham Weyl als Mitglied der Synagogengemeinde Dorsten geführt, 1854 teilte er dies dem Amtmann Bölling mit.
Abraham Weyl war mit einer Familie Weyl in Haltern verwandt. Als Vater des Abraham Weyl wurde ein Moses Weyl aus Haltern genannt, verheiratet mit Johanna, geb. Spiegel. Dort gab es z.B. einen Abraham Salomon Weyl (um 1850), einen Moses Weyl (um 1860), einen Abraham junior (1869) und einen Sigismund Weyl (um 1875). (Schneider, W, Jüdische Heimat im Vest, Recklinghausen 1987, S.158)
1849 bekamen Abraham und Henriette Weyl die Tochter Johanna, 1852 Tochter Friderike, 1854 die Tochter Juliane, 1855 den Sohn Leopold und 1858 noch eine Tochter Hulda, 1861 zudem den Sohn Siegmund Weyl. ( Auskunft Stadtarchivar Haltern , G.Husmann, März 2012)
Es muss also zwischen 1847 und 1858 mindestens 8 jüdische Einwohner in Marl gegeben haben.
"Bei den Weyls handelte es sich um unverheiratete Schwestern.
Friederike Weyl, geboren am 17.01.1852 in Marl, verstorben am 09.03.1941 im Jüdischen
Krankenhaus in Köln.
Julchen Weyl, geboren am 06.01.1854 in Marl, verstorben am 22.05.1941 im Jüdischen
Krankenhaus in Köln."
(Auskunft NS Dokumentationszentrum, Köln (Museen Köln), Aaron Knappstein,1.06.2016, siehe auch: unten)
und
Gregor Husmann, Stadtarchiv Haltern, verdanke ich die folgenden
Ergänzungen zur Familie Weyl:
Leopold und Julia Weyl, Anfang 20.Jh. (?), (zur Verfügung gestellt von G. Husmann, Stadtarchiv Haltern.)